Abschied von "9/11" und den Folgen - Nachrichten Print - WELT AM SONNTAG - Vermischtes - WELT ONLINE

Anmelden | 4. September 2011, 20:05 Uhr
Welt am Sonntag Drucken Bewerten Autor: Sophia Seiderer| 06:32

Abschied von "9/11" und den Folgen

Ein 20 Meter tiefes Loch. Eine riesige Betonwanne, aus der alle Reste des Vorherigen herausgekratzt wurden. Das ist alles, was blieb, von den beiden Twin Towers des World Trade Center in New York, nach den Anschlägen am 11. September 2001. "Ich kann mich an kein Ereignis erinnern, dass mich mit solcher Gewalt getroffen hätte, wie das der Bilder vom 11. September. Für mich war es, wie für die Amerikaner, der 'erste Angriff auf eigenem Boden'", schreibt Christoph Faulhaber in seinem Buch "New York NY 10047/48".

Google Anzeige

Kassen wollen mehr Geld
BIG direkt ist ohne Zusatzbeitrag. Garantiert beim Service-Testsieger!
www.BIG-direkt.de/Krankenkasse

Der Hamburger Künstler ist nach den Anschlägen nach New York gereist und hat dort den Prozess des Wiederaufbaus mitverfolgt. 1,6 Millionen Tonnen Trümmer mussten beseitigt, 20 000 Tonnen Stahl beiseite geschafft und auch Leichenteile geborgen werden. "Die Aufräumarbeiten bereiten die Grundlage für die Errichtung der Zukunft", schreibt Christoph Faulhaber in dem Buch, das er selbst als "Gedenkschrift" bezeichnet. "Im Schock gab es auch eine ganz besondere Stimmung, eine Art Erleichterung und ein Enthusiasmus im Bezug auf die Planungslust des Wiederaufbaus."

Für die Beseitigung der Trümmer meldeten sich Freiwillige aus dem ganzen Land, und es formierten sich etwa 1200 Gruppen, die mit in den Wiederaufbauprozess einbezogen waren. Denn es galt die Frage zu klären, "welche gestalterischen und ästhetischen Konzepte für die unvermeidlich notwendige Zukunft von Ground Zero sich in einem emotional und politisch extremisierten Klima entwickeln können?"

Christoph Faulhaber war bei all den Treffen, Diskussionen und Gesprächen der Initiativen mit dabei. Für ihn war die schönste Beobachtung: "Nach dem Ereignis, nach all den außenpolitischen Horrorszenarien, nach den innenpolitischen Sicherheitsverschärfungen, hat die Gemeinschaft der Bürger gesagt: Wir bilden gemeinsam etwas Neues, wir bauen es wieder auf. Und das in einer Vehemenz, in einer Stärke und in einer Durchsetzungskraft, die man sich auch für so manche andere Prozesse wünschen würde", sagt der Künstler. "Man kann auf einmal etwas bewegen, weil etwas anderes weg ist."

Faulhaber sagt: "Ich habe den unschätzbaren Vorteil: Ich habe eine Innen- und Außenperspektive, die meisten anderen können nur von außen draufblicken. Ich war in den Prozess involviert." Eine Innenperspektive sammelte Faulhaber später noch einmal. Der Künstler, der seine Arbeit als "Konfrontation" beschreibt, die er aus einer Inszenierung heraus aufbaut, landete auf der Terrorliste der Vereinigten Staaten. Gemeinsam mit seinem Partner Lukasz Chrobok gründetet Faulhaber 2005 die fiktive Sicherheitsfirma "Mister Security". Verkleidet als Sicherheitsmann bewachte und überwachte er amerikanische Botschaften in Deutschland und Polen. Er wollte die prekäre Situation im öffentlichen Raum beobachten. Dokumentieren, wie rechtlich zweifelhaft die Reaktionen der Wachleute sind.

Vor der US-Botschaft in Berlin wurde seine Kamera konfisziert und eine Untersuchung wegen des "Verdachts des Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz" eingeleitet, später wieder eingestellt. Von da ab war Faulhaber potenzieller Terrorist. Jedes Mal, wenn er später in die USA einreiste, folgte das gleiche Prozedere: Bei der Passkontrolle bei der Einreise leuchtete jedes Mal ein Lämpchen auf dem Bildschirm auf, die Special Agents der Homeland Security verhörten ihn stundenlang. Als er einmal aus dem Flugzeug in New York ausstieg, da flüsterte ein Sicherheitsmann nur "I got him" in sein Headset und nahm ihn mit.

Als Faulhaber 2008 schließlich mit einem Stipendium der Kunststiftung-Rheinland-Pfalz wieder nach New York reiste und in der Künstlerresidenz Location One in New York arbeitete, kamen zwei Special Agents des FBI, Abteilung "Counter Terrorism", zu ihm. Seine konfiszierten Arbeitsmaterialien bekam er zwar wieder zurück - doch das Stipendium wurde ihm entzogen und er musste das Künstlerhaus verlassen.

Noch heute trägt Faulhaber die Visitenkarte seines Ansprechpartners beim FBI mit sich. "Ich bin nicht gerne das schwarze Schaf, habe keine Lust am Zertrümmern oder bin jemand, der gerne draufhaut", sagt Faulhaber. Er wolle nur konfrontieren mit seinen Arbeiten. Und in den Verhören, da habe er absolut Angst gehabt, "was wohl passiert, wie viele Stunden man warten muss und was das bedeuten könnte", sagt der Künstler. Seine Absichtshaftigkeit schütze ihn, sagt er, eine gewisse Naivität oder Dreistigkeit sei sicherlich auch dabei - aber von Reisen in die USA hat er erstmal Abstand genommen.

Christoph Faulhaber, New York NY 10047/48 Kerber Edition YoungArt, ISBN: 978-3-86678-401-7, 16,95 Euro

Google Anzeigen

Kassen wollen mehr Geld
BIG direkt ist ohne Zusatzbeitrag. Garantiert beim Service-Testsieger!
www.BIG-direkt.de/Krankenkasse

Ergonomische Büromöbel
Schnell, sicher und ohne Risiko bei Furnandi.de bestellen!
www.furnandi.de/Office-Design

Europa Crash 2012
Günter Hannich behauptet: 2012 wird ein gefährliches Jahr für Ihr Geld!
europa-crash.de

Sie wollen auf dem Laufenden bleiben?
Bestellen Sie hier die Newsletter von
WELT ONLINE und bleiben Sie ab sofort informiert!

Leser-Kommentare

Die Technik der Kommentarfunktion "DISQUS" wird von einem externen Unternehmen, der Big Head Labs, Inc., San Francisco/USA., zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen, insbesondere darüber, ob und wie personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet werden, finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Die Moderation der Kommentare liegt allein bei WELT ONLINE.
Allgemein gilt: Kritische Kommentare und Diskussionen sind willkommen, Beschimpfungen / Beleidigungen hingegen werden entfernt. Wie wir moderieren, erklären wir in der Netiquette.

Vielen Dank für diese Empfehlung. Möchten Sie das zudem noch teilen?

Diese Seite teilen …

Vielen Dank! Close

Kommentieren ist möglich als Nutzer von oder und sowohl als unregistrierter Gast

0 Kommentare

Echtzeitaktualisierung ist aktiviert. (Pausieren)
Trackback-URL
 

Services

Der nebenstehende Artikel stammt aus der Zeitung
WELT am SONNTAG.
Testen Sie die Qualitäts-Sonntagszeitung jetzt kostenlos.
Anzeige
Hier klicken
Anzeige
Hier klicken
Bitte warten...