Ausstellung zum 11. September in Weimarer Galerie eröffnet
Porträt
Das Foto "New York City" nahm Thomas Hoepker am
11. September 2001 von Brooklyn aus auf. Foto: Maik Schuck
"Changes - Kunst nach 9/11" heißt die neue Ausstellung
in der ACC-Galerie Weimar. Sie wird am Sonnabend eröffnet. Neun Künstler
blicken hier auf eine durch den Terroranschlag in New York veränderte
Welt.
Weimar.
Wolfgang Staehles künstlerische Medienkritik scheiterte am 11. September
2001 plötzlich und unerwartet. Fünf Tage zuvor hatte der
Deutschamerikaner in einer Galerie in Manhattan
die Installation "2001" eröffnet. Sie war eine Antwort darauf, dass wir
im Medienzeitalter immer und überall direkt dabei sein können oder
müssen: Die Live-Schaltung bringt uns Ereignisse hektisch in "Echtzeit"
ins Haus. Also richtete Staehle Internetkameras auf Postkartenmotive dieser Welt, unter anderem auf die Skyline von New York.
Alle vier Sekunden übertrugen sie ein neues Bild live in die Galerie,
auf dem nichts geschah - bis an jenem 11. September um 8.46 Uhr
Ortszeit ein Flugzeug am rechten oberen Bildrand zu erkennen war, unweit
der Türme des World Trade Centers . . . So
veränderte der Terroranschlag nicht nur die Welt, sondern auch ein
Kunstwerk sowie alsbald künstlerisches Schaffen überhaupt. Davon kündet
die Ausstellung "Changes - Kunst nach 9/11" in der ACC-Galerie Weimar.
Sie ist, unter anderem, eine Art Retrospektive: Denn sie blickt zurück
auf ein Jahrzehnt der künstlerischen Auseinandersetzung mit den
Auswirkungen des Terrors. Der Weimarer Galerist und Kurator Frank Motz, der an jenem 11. September in New York
war und sich bei einem Fahrradunfall das Handgelenk brach, versammelte
dafür die Arbeiten von neun internationalen Künstlern. Staehles Bild
"08:46:50 EST" gehört dazu. Auch ein anderes
längst unfreiwillig zur Ikone gewordenes Bild des 11. September findet
sich hier wieder: jene des deutschen Fotoreporters Thomas Höpker,
der sich selbst einen Bildproduzenten nennt. Er lichtete damals fünf
junge New Yorker ab, die am Ufer des East River im Stadtteil Brooklyn scheinbar idyllisch zwischen zwei Zypressen sowie in der Sonne sitzen, während im Hintergrund Manhattan im Rauch der brennenden Türme liegt.
Doch richtet die Ausstellung den Fokus eigentlich auf die Zeit danach. Harun Farocki thematisiert in seinen "Serious Games" den Krieg als Spiel zwischen Computersimulation und Realität. Christoph Faulhaber porträtiert in seinem "Palau Triptychon" sechs Uiguren, eine in China lebende und verfolgte Minderheit. Sie waren unschuldig im Gefangenenlager Guantanamo gelandet, nach ihrer Entlassung fanden sie nirgends Zuflucht als im Südseestaat Palau. Nach ihren Passbildern ließ Faulhaber in einer chinesischen Kopistenwerkstatt Heldenporträts in Öl fertigen. Der
Iraner Shahab Fotoui übersetzt Terroristen in Libellen: 112 dieser
räuberischen Insekten fertigte er aus Harz und lässt sie in mehreren
Kreisen grellem Licht entgegenfliegen. In solchem Sinne versammelt die Ausstellung, so Motz,
"gewusstes Wissen" über die Veränderungen nach dem 11. September. Ihr
Titel "Changes" meint aber noch etwas anderes: Die Ausstellung behauptet
die Kunst als Ort jener Veränderungen, auf die die Welt nach einem
Jahrzehnt immer noch vergeblich wartet. Sie fragt nach neuen Formen der
friedlichen Konfliktlösung, nach Möglichkeiten des kulturellen Dialogs,
danach, wie sich vor allem die westliche Welt verändern muss, um eine
Zukunft zu haben. Insofern ist "Changes" also mehr als eine Retrospektive und alles andere als ein abgeschlossenes Sammelgebiet. "Changes" wird Samstag 20 Uhr in der ACC-Galerie Weimar eröffnet. Teta Moehs vom US-Generalkonsulat Leipzig hält ein Grußwort. Die Ausstellung ist bis 8. Januar zu sehen.